Konzert
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Mit sich im Reinen zu sein ist nicht immer einfach. Du kannst wissen, wer Du bist, und Du kannst wissen, woher Du kommst. Beides zu verschmelzen ist der Punkt, an dem es schwierig wird. Ich bin Aren Emirze. Aren, der Musiker, Aren, der Armenier und Aren, der Deutsche.
Als Musiker brauchte ich vor allen Dingen erst einmal meine Band Harmful, lauten, harten Noise-Rock, um meine innere Unruhe raus zu lassen. Ich war glücklich, hab‘ mein Ding gemacht bis ich meinen Vater verlor. Das war 2003. Auf einmal fing ich an, mir die Dinge, die er mochte und für die er gelebt hatte genauer anzuschauen. Er war in erster Linie mein Vater, aber auch Musiker und Armenier. Ich setzte mich mit der Musik, die er mochte und machte auseinander – armenische Musik. Die Musik, mit der ich aufgewachsen war.
Auf der Suche nach etwas, das wir auf der Beerdigung spielen konnten, gingen mein Bruder und ich durch die Platten- und Kassettensammlung meines Vaters. Ein unbeschriftetes Tape fiel mir förmlich in die Hände. Auf der Kassette waren einige Lieder, die er vor mehr als 25 Jahren geschrieben und (in unserer Küche) aufgenommen hatte. Ich konnte mich sofort an diese Lieder erinnern. Besonders eins gefiel mir, „Achtschig sirounag“. In meiner Kindheit war dies mein Lieblingslied. Es war immer Teil seines Repertoires – zusammen mit Liedern der Beatles, Simon & Garfunkel, Cat Stevens und Bob Dylan. Vielleicht gefiel mir das Lied auch nur so gut, weil es in Armenisch gesungen wurde und sich deswegen heimischer anfühlte. Hauptsächlich fesselte mich jedoch seine Schwermütigkeit.
So entstand 2006 meine erste Veröffentlichung mit akustischer Musik unter dem Namen Emirsian, „A Gentle Kind Of Disaster“, mit dem Klang sanfter Wehmut und mit dem Song von eben jener Kassette, „Achtschig Sirunag“, den ich post mortem zu einem Duett mit meinem Vater aufgearbeitet hatte. Die moderne Technik machte es möglich. Beim Arbeiten am zweiten Emirsian–Album „Yelq“ rumorte es in mir schon. Fasziniert von der Melancholie und der Schönheit armenischer Musik, wuchs in mir das Verlangen, ein armenisches Album aufzunehmen. Eine echte Herausforderung für mich, da ich bis dahin noch nie armenische Musik gemacht, geschweige den auf Armenisch gesungen hatte. Es war mir völlig klar, dass ich Hilfe benötigte. Ich erinnerte mich, dass mein Vater in den Siebzigern absoluter Fan eines armenischen Duos aus Paris namens Hartar gewesen war, die alte armenische Volkslieder neu und zeitgemäß aufbereitet und geschmackvoll arrangiert hatten. Diese Platte kannte ich auswendig seit ich sechs Jahre alt war. Ich fand sie, schrieb mir die Namen auf, und versuchte übers Internet, Kontakt zu den Bandmitgliedern aufzunehmen. Wundersamerweise fand ich sie sogar. Wir trafen uns und lernten uns gegenseitig kennen. Besonders der Gitarrist und Kopf von Hartar, Harout Bezdjian, war mir eine große Hilfe.